Die fehlende Praxisnähe bei öffentlichen Vergabeverfahren führt bei Auftraggebern und Auftragnehmern häufig zu Problemen. In der Praxis erleben Ingenieurinnen und Ingenieure immer wieder Vergabeverfahren, in denen unpassende Eignungskriterien gewählt werden. Der qualifizierte Vergabeberater, eine Fortbildung, die gemeinsam von den Ingenieurkammern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz angeboten wird, soll eine Brücke schlagen und den Ingenieurinnen und Ingenieuren die notwendigen Fachkenntnisse für praxisgerechte Vergabeverfahren im Interesse aller Beteiligten vermitteln. Die Begleitung von Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber wird als Dienstleistung häufig von RechtsanwältInnen oder ArchitektInnen erbracht. Erfahrungen zeigen, dass RechtsanwältInnen Vergabeverfahren häufig zu formalisiert gestalten und unpassende Eignungs- oder Zuschlagskriterien wählen. So kommt es im Bereich der Tragwerksplanung regelmäßig zu Referenzanforderungen, die dem Gegenstand des Vergabeverfahrens nicht gerecht werden.

Ein gängiges Praxisbeispiel ist die Forderung nach Erfahrung mit der Tragwerksplanung bei Schulgebäuden, obwohl die Tragwerksplanung hierfür keine Besonderheiten aufweist, die dies rechtfertigen würde. Dies führt zu Frust bei Auftragnehmern, die sich auf derartige Ausschreibungen zunehmend nicht mehr bewerben können oder wollen. Umgekehrt suchen öffentliche Auftraggeber vergeblich nach geeigneten Bewerbern, obwohl diese für dringend benötige Projekte der kommunalen Infrastruktur bereitstehen. Mit der Fortbildung der Ingenieurinnen und Ingenieure zum qualifizierten Vergabeberater soll diese Lücke bei den Vergabeverfahren geschlossen werden.

"Die Vergabeverfahren sind für unsere Mitglieder auch von wirtschaftlichem Interesse. Ingenieurinnen und Ingenieure, die sich für die Vergabeberatung qualifiziert haben, werden von den Kammern in einer Liste geführt, was ihnen einen Marktvorteil verschafft. Zudem profitieren die an Vergabeverfahren teilnehmenden Mitglieder von praxisgerechten Verfahren", sagt INGBW-Geschäftsführerin Davina Übelacker. Schließlich bietet dies auch Auftraggebern einen Mehrwert: Durch die öffentlich zugänglichen Listen der Ingenieurkammern können sie die qualifizierten Vergabeberater am Markt erkennen und deren Leistungen in Anspruch nehmen. Als Gemeinschaftsprojekt bieten die Ingenieurkammern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Fortbildung und Listenführung von qualifizierten Vergabeberatern unter Beteiligung der Fortbildungseinrichtungen Akademie der Ingenieure GmbH, Gütestelle Honorar- und Vergaberecht e.V. und Ingenieurakademie West gGmbH an.

Die Anmeldung zur Fortbildung ist über folgenden Link ab sofort möglich: https://ikbaunrw.de/kammer/akademie/seminare/seminarprogramm.php?smnr=54670

Quelle: Ingenieurkammer Baden-Württemberg