Page 9 - ZBI-Nachrichten-2-3-2018

Ingenieure in der Wirtschaft

Fachkräftemangel trifft Mittelstand hart

Umsatzverluste in Milliardenhöhe

D er Wettbewerb um die klügs - fragte aus der Schweiz (1 Prozent), einen deutlichen Unterschied zwi-
Dänemark (17 Prozent) oder Öster -
ten Köpfe dürfte so man-
schen der Kritik an inländischer Re -
chem Entscheider in Deutsch -
EU-Vorschriften mit knapp 29 Pro -
land große Sorgen bereiten: Der Fach - reich (21 Prozent). gulierung (rund 39 Prozent) und den
kräftemangel bremst das Wirtschafts - zent. Offensichtlich teilen viele Unter -
Bürokratie als
wachstum und kostet allein den nehmer die Kritik der populistischen
Wachstumshemmer
Mittelstand pro Jahr rund 65 Milliar - und EU-kritischen Parteien an der
den Euro – das entspricht rund zwei Auf dem zweiten Platz der größten überbordenden EU-Bürokratie aus
Prozent des jährlichen Bruttoinlands - Wachstumsrisiken für die Unterneh - Brüssel nicht. Selbst im Brexit-Land
produkts. Damit entwickelt sich für mensentwicklung landen die bürokra- Großbritannien und in Italien wird die
knapp 60 Prozent der deutschen Fa - tischen Belastungen – und zwar so - nationale Regulierung mit 35 und 49
milienunternehmen und Mittelständ - wohl innerhalb Deutschlands, als Prozent für ein deutlich höheres Risiko
ler der Mangel an qualifizierten Ar - auch auf EU-Ebene. 46 und 45 gehalten als die europäische (25 bzw.
beitskräften zum größten Wachs - Prozent erleben diese als erdrückend. 20 Prozent). Ganz besonders leiden
tums risiko. Zum Vergleich: Im EU- „Gerade für mittelständische Unter - unter ihrer nationalen Bürokratie übri-
Durchschnitt liegt dieser Wert nur bei nehmen ist die zunehmende Rege - gens Rumänien und Griechenland,
43 Prozent. Entsprechend bewerten lungs dichte ein zentrales Problem. Im wo 80 und 71 Prozent der Befragten
knapp 70 Prozent der deutschen Gegensatz zu börsennotierten Kon - die inländische Regulierung für eine
Unter nehmen die Suche nach neuen zernen kann sich der Mittelstand Wachstumsbremse halten.
Mitarbeitern als „schwer“ oder „eher große Abteilungen und Stäbe nicht
schwer“. Das ist Ergebnis des „Euro - leisten, um betriebliche Strukturen an Deutschland hinkt beim
pean Private Business Survey“, einer neue Gesetze anzupassen“, erklärt Breitbandausbau hinterher
Studie der Prüfungs- und Beratungs - Peter Bartels. „Umsetzungen wie die
gesellschaft PwC, für die rund 2.450 der Datenschutzgrundverordnung Risikopotenzial birgt zudem die hohe
Verantwortliche aus Familienunter - sind für den Mittelstand ein Kraftakt. Unzufriedenheit mit dem stockenden
neh men und mittelständischen Ge - Dazu kommt, dass er sich schwerer Breitbandausbau in Deutschland, den
sell schaften in 31 europäischen Län - damit tut, seine Interessen auf politi- 44 Prozent bemängeln und der auf
dern (EU plus Norwegen, Schweiz scher Ebene zu artikulieren.“ Platz 1 der Kritikpunkte im Hinblick
und Türkei) befragt wurden. Aus auf die Infrastruktur landet. Zum
Deutschland haben 371 Unterneh men Vergleich: Bei den EU 31 liegt die Un -
Nationale Regulierung
an der Befragung teilgenommen. zufriedenheit mit der digitalen Infra -
schneidet schlechter ab
als die der EU struktur nur bei knapp 26 Prozent.
Kritik am deutschen „Leistungsfähige Breitbandnetze für
Bemerkenswert ist, dass die deut- schnelles Internet sind in anderen
Bildungssystem
schen Werte erheblich vom EU- europäischen Ländern längst Stan -
Der Fachkräftemangel trifft die deut- Durchschnitt abweichen. Hier gibt es dard. Ich halte es für geradezu fahr-
schen Familienunternehmen und Mit -
telständler auch deshalb hart, weil die
Rekrutierung qualifizierter Fachkräfte „Der Mangel an Top-Talenten ist ein erheblicher Wettbewerbs -
für 37 Prozent der befragten Unter - nachteil für den Mittelstand. Er braucht sie dringend, um seine
nehmen eine zentrale Wachstums -
Inno vationskraft zu stärken und die Digitalisierung voranzutrei-
stra tegie ist, rund 70 Prozent der Be -
fragten sich bei der Suche nach ihnen ben. Hier sehe ich das Schul- und Hochschulsystem und damit die
aber schwertun. Eine Ursache sehen Politik in der Pflicht: Neue Technologien sollten schleunigst Teil der
die Unternehmen im deutschen Bil - Lehrpläne werden. Sonst läuft Deutschland Gefahr, den Anschluss
dungswesen: Es bringt offenbar nicht
zu verlieren.“
die Arbeitskräfte hervor, die sich Ar -
beitgeber wünschen. So sind 35 Pro - Dr. Peter Bartels,
zent unzufrieden mit dem deutschen Vorstand für Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Europe.
Bildungssystem – weit mehr als Be -

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