Page 14 - ZBI-Nachrichten 3-4-2021
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Ingenieure in der Wirtschaft
Automatisiertes Fahren
Aktivitätserkennung im Fahrzeuginnenraum
I st der Autofahrer müde oder mehr die aktuellen Posen des Fahrers Aufnahmen des Fahrers oder der
Insassen abstrahiert das System zu
und der Mitfahrer“, sagt Dr. Michael
schläft er gar? Kameras im Innen -
raum überprüfen dies bereits.
IOSB. „Aus diesen Posen wiederum
Wichtig und vom Gesetzgeber vorge- Voit, Gruppenleiter am Fraunhofer einem digitalen Skelett – einer Art
Strichmännchen, das die Körperpose
schrieben werden Innenraumkameras können wir zuverlässig bestimmen, der Person nachbildet. Aus der Ske -
insbesondere beim automatisierten womit sich Fahrer und Insassen gera- lettbewegung und einer ergänzenden
Fahren. Ein neues System des Fraun - de beschäftigen.“ Objekterkennung wiederum schließt
hofer-Instituts für Optronik, System - es auf die Aktivität. „Die Algorithmen
Der Kern der Entwicklung liegt in
technik und Bildauswertung IOSB lei- wissen also, ob jemand schläft oder
Algo rithmen und Verfahren des ma -
tet aus den Bilddaten erstmals Aus - auf die Straße blickt, wie abgelenkt
schinellen Lernens, also der Künst -
sagen zu den Aktivitäten des Fahrers die Person ist und wie lange es dau-
lichen Intelligenz. Die Algorithmen
ab und analysiert, wie schnell dieser ert, bis die volle Auf merksamkeit wie-
analysieren die Kameradaten in Echt -
die Steuerung übernehmen könnte. der auf den Verkehr gerichtet werden
zeit und finden heraus, ob der Fahrer
kann“, erläutert Voit. Hierfür werden
Beim automatisierten Fahren ent- telefoniert, mit den Kindern spielt oder
sowohl klassische Videokameras
scheidet das Fahrzeug, was es tun auf das Handy des Mitfahrers schaut.
unterstützt als auch Infrarotkameras,
muss – es lenkt, bremst und beschleu- Die Technologie des Fraun hofer IOSB
die im Dunkeln sehen können, sowie
nigt. Bis es jedoch so weit ist, dass geht damit über die reine Bilderken -
3D-Kameras, die die Entfernung der
Fahrzeuge gänzlich auf einen Fahrer nung hinaus und interpretiert Aktivi -
Objekte zur Kamera messen. Auch bei
verzichten können, werden teilauto- täten im Kontext. Die For scherinnen
der Platzierung der Kameras lässt das
matisierte Fahrzeuge den Wagenlen - und Forscher haben das System
System den Innenraumdesignern Frei -
ker unterstützen und ihm zunehmend zunächst angelernt, in dem sie zahlrei-
heit.
mehr Freiheiten verleihen. Naturge - che Kameraaufnah men per Hand
mäß sind bei teilautomatisierten Fahr - annotierten: Wo befinden sich Hände, Fragen rund um die Aktivitätser -
zeugen Übergaben zwischen Auto Füße, Schultern der Personen, wo sind kennung im Fahrzeuginnenraum be -
und Fahrer nötig, etwa bei einer Bau - Objekte wie Smart phones, Bücher und arbeiten die Forscherinnen und For -
stelle auf der Autobahn oder beim Co. zu erkennen? An schlie ßend evalu- scher in zahlreichen Verbundpro jek -
Übergang in den Stadtverkehr nach ierten sie die Algo rithmen mit neuen ten mit namhaften Autoherstellern
einer Autobahnfahrt. Das Fahrzeug Bildern und korrigierten oder verifizier- wie Audi und Volkswagen, aber auch
muss also nicht nur intelligent wer- ten deren Ergebnisse. Zulieferern wie Bosch und Continen -
den, um den Verkehr zu interpretie-
ren, sondern auch nach innen schau-
en und mit dem Fahrer in den Dialog
treten. Was macht der Fahrer gerade?
Wie schnell könnte er die Steuerung
des Fahrzeugs übernehmen? Zwar
gibt es bereits Fahrerbeobachtungs -
systeme, diese nutzen jedoch bisher
kaum Kamerabilddaten und be -
schrän ken sich vorwiegend auf die
Erkennung von Müdigkeit.
Künstliche Intelligenz
erkennt, was der Fahrer tut
Dem Dialog zwischen Fahrer und
Auto widmen sich die Forscherinnen
und Forscher am Fraunhofer IOSB –
und füllen damit diese Lücke. „Mit Das Occupant-Monitoring-System des Fraunhofer IOSB erkennt neben der Körperpose aller
unserer Technologie erkennen wir Insassen auch Aktivitäten und damit zusammenhängende Objekte.
nicht nur das Gesicht, sondern viel- Bild © M. Zentsch/Fraunhofer IOSB
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