Page 11 - ZBI-Nachrichten 1/2020
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Ingenieuraus- und -weiterbildung
Eine kurze Geschichte zum Ingenieurmangel –
und was getan werden muss
von Johannes Leicht, Vizepräsident des ZBI
D er Fachkräftemangel ist ein des Ausscheidens der geburtenstar- die Anzahl der Studiengänge zwi-
schulentwicklung (CHE 2019) hat
heute nahezu zerredeter
ken Jahrgänge (Stichwort „Baby-
Begriff. Mit seiner medialen
genommen. Der Großteil hiervon
Omnipräsenz prägt er viele gesell- Boomer-Generation“) sehr deutlich schen 2014 und 2019 um 3000 zu -
anwachsen. Das leichte akademische
schaftliche Diskussionen, auch Politik Überangebot beruht auf der gegen- (2/3) ist dem Bereich der weiterfüh-
und (insbesondere) Medien greifen wärtigen Tendenz zu mehr akademi- renden Studiengänge zuzuordnen,
diese Drohkulisse „Mangel“ auf. Der schen Abschlüssen. Dies wird sehr rd. 900 den grundständigen Stu -
Mangel entpuppt sich bei genauerer deutlich durch die Zahlen des statisti- diengängen. Hiervon sind wiederum
Betrachtung begrifflich auch mal als schen Bundesamtes (siehe Abb. 1). rd. 600 den FH/HAW zuzuordnen.
Engpass. Die Engpassanalyse der
Bundesagentur für Arbeit (Dezember
2019) zeigt jedoch einen weitreichen-
den Mangel an Fachkräften und Spe -
zialisten z.B. der Bereiche Ener gie -
tech nik und Tiefbau. Den Blick auf die
Fachdisziplinen weiter aufschlüsselnd
verdient der Engpass an Ingenieuren
eine besondere Beachtung. Doch zu -
nächst: was sind die Fakten?
Ingenieure werden überall gesucht.
Nach www.get-in-engineering.de
gebe es aktuell für Ingenieure rd.
126.000 freie Stellen, der Bedarf ist
also groß. Nun gibt es Gegen stim -
men, welche auf die konjunkturelle
Abkühlung hinweisen. Laut VDI/-IW-
Ingenieurmonitor November 2019
(VDI 2019) liegt die Nachfrage jedoch Dipl.-Ing. (FH) Johannes Leicht M. Sc. ist Vizepräsident des ZBI. Darüber hinaus ist er Referent
weiterhin auf vergleichsweise hohem für berufsständische Angelegenheiten beim BWK – Bund der Ingenieure für Wasser -
Niveau. Betrachtet man den Bedarf en wirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau - Landesverband Niedersachsen/Bremen e.V.
détail, so ist der konjunkturell beding-
te Rückgang der Nachfrage eher im
Bereich der Industrie anzutreffen – Betrachten wir nun die Kohorte der Im Bereich der Ingenieur wissen -
bau- und dienstleistungsnahe Qualifi - Studierenden in Bezug auf die ange- schaften ist die Anzahl der Studien -
kationen seien unverändert stark henden Ingenieure. Nach www. gänge von rd. 3.200 (2014) auf rd.
nachgefragt. Die genauere Analyse deutsch landinzahlen.de beträgt der 3.500 (2019) gestiegen. Dabei sind
der betroffenen Kategorien des VDI Anteil der Studierenden im Bereich rd. 460 entfallen und rd. 770 neu ent-
2019 zeigt, dass im Bereich der der Ingenieurwissenschaften rd. standen.
Bauingenieurberufe der größte 28% (41 % an Fachhochschulen (FH)
Dies wird ergänzt durch die qualitati-
Engpass besteht. bzw. Hochschule für Angewandte
ve Betrachtung des CHE 2019: Von
Wissen schaften (HAW), 20 % an
Laut Bundesinstitut für berufliche Bil - den 2018 und 2019 neu in den Hoch -
Universitä ten). Was steckt nun genau
dung (BIBB-Report 18/12) soll sich bei schulkompass aufgenommen Stu -
hinter diesen Ingenieurwissenschaf -
den Hochschulabsolventinnen und- dien gänge sind rd. 30% sogenannte
ten?
absolventen der zu erwartende Bedarf Hybrid-Studiengänge. Hierbei handelt
zu etwa gleichen Teilen aus dem Es ist zu konstatieren, dass der Anteil es sich um Studien gänge, die mehrere
Ersatzbedarf und dem durch den wirt- der Studiengänge mit klassischer Disziplinen in einem Studien gang ver-
schaftlichen Strukturwandel beding- Ausrichtung sinkt und die Differen - einen. Daneben gibt es bei rd. 14 %
ten Neubedarf zusammensetzen. Der zierung zunimmt. Laut Ana lyse des die Ten denz der Spezialisierung auf
Ersatzbedarf werde ab 2020 aufgrund gemeinnützigen Centrums für Hoch - einen Teilaspekt einer Disziplin (intra-
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