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Ingenieure in der Gesellschaft
Ingenieure sind nun mal so …
Gedanken über die Notwendigkeit von Berufsverbänden
Von Manfred Kehr, Vizepräsident des ZBI
B erufsverbände sind nicht mehr Ein zelne muss aus Karrieregründen nur sinnvoll gemeinsam an Bildungs -
seinen Arbeitsplatz nach den entspre-
nötig, so könnte man meinen
veranstaltungen teilzunehmen, nein
in dieser digitalen Welt.
meinschaft der Verbände dem Einzel -
Schließlich kann sich jeder im Netz die chenden Jahren verlassen, um sich in auch darüber hinaus bietet die Ge -
einem neuen Aufgabengebiet zu
vielfältigen Informationen suchen und beweisen, sind dem Gedanken des nen die Möglichkeit des Erfah rungs -
finden, die er meint zu benötigen. Erfahrung sammelns nicht dienlich. austausches. Auch sind Verbän de,
Aber genau das ist hier ja die Frage: Hier ist es besser, zwischen den wenn sie denn ein Produktfeld fach-
Was braucht der Einzelne zur Lösung Menschen zu entscheiden die einfach übergreifend begleiten, in der Lage,
seiner Herausforderungen? Viele be - nach Jahren des Erfahrungssammelns zwischen den verschiedenen Inge -
haupten ja sie können sozusagen alles nieur disziplinen zu einem ge meinsa -
im Netz finden, Doch finden und men Ganzen zu kommen. Also wer-
sach gerecht anwenden sind meistens den wir immer enge Fachspezifika zur
zwei Seiten der gleichen Medaille. Vertiefung des Spezialwissens haben
Denn die zweite Seite ist die Erfah - und daneben den Bereich des überge-
rungskomponente und die wird durch ordneten Querschnittswissen, was ge -
den Kontakt zu anderen Ingenieur - meinsam letztlich ermöglicht, komple-
kollegen beschrieben. xe Produkte zu entwickeln und zu
bauen. Im weitesten Sinne ge hört na -
Die Berufsbezeichnung Ingenieur ist
tür lich auch die aktuelle Fach literatur
für Nicht-Ingenieure sowieso völlig
in Form von Verbandsmaga zinen in
unverständlich, schließlich kann sich
den Bildungsbereich der Ver bände.
kein außenstehender Nicht-Ingenieur
vorstellen, wie hochqualifizierte und Daneben gilt es natürlich auch den
naturwissenschaftlich denkende Men - gesellschafts- und berufspolitischen
schen zu einem komplexen Produkt Teil zu betrachten. Was nützt es dem
Dipl.-Ing. Manfred Kehr ist Vizepräsident
kommen, das sich bewegt, oder Ingenieur, wenn er ein hervorragen-
des Verbandes Deutscher Eisenbahninge–
große Lasten an genau definierten der Fachmann in seinem Gebiet ist, er
nieure (VDEI) und zugleich Vizepräsident
Orten frei tragend unter gewaltigen aber in seinen Arbeitsbedingungen
der Union European Railway Engineering
dynamischen Kräften überbrücken Associations (UEEIV) sowie des Zentralver - und Arbeitsrechten als Randgruppe
lassen. Ja, Ingenieure entwerfen bandes der Ingenieurvereine (ZBI). betrachtet wird und insofern bei
genau die Dinge, die dann später in Tarifverhandlungen immer eine Rand -
der Produktion in Serie erschaffen sich in eine Führungskarriere oder in gruppe bleiben wird. Ingenieure müs-
werden und hoffentlich am Schluss eine Fachkarriere weiterentwickeln. sen sich also organisieren, denn nur
noch einmal durch einen Qualitäts - Das ganze System sollte dann auch wer ein Organisationspotenzial hat
check beweisen müssen, dass sie den noch von entsprechenden erfolgsab- wird in unserer Gesellschaft auch
theoretischen Ansätzen entsprechen. hängigen Entgeltsystemen garniert Gehör finden. Und natürlich spielt
sein die aber auch die Bildungs - auch der gesellschaftliche Aspekt eine
Und ja, das sind Dinge, die erschlie-
ansprüche der Einzelpersonen berück - nicht unwesentliche Rolle: wer hat es
ßen sich vielen anderen Berufsgrup -
sichtigt. Bildung ist im Ingenieurbe - nicht schon mal genossen, abseits des
pen nicht so ohne weiteres. Der
reich eine ganz wichtige Kompo - stressigen Tagesgeschäfts an einer
Ingenieur wird vielmehr als kompli-
nente. Insbesondere in der Diskussion Fachexkursion teilzunehmen und sich
ziert und problembestimmend in
um Führungskraft oder in der Selbst - in Randgesprächen, beispielsweise
Betriebsabläufen dargestellt. Dass
reflektion wird der Ingenieur sehr den so genannten „Come together“
sein Handeln auf naturwissenschaft-
schnell erkennen welche Bildungs - zwanglos im persönlichen Gespräch
lichen Gesetzen beruht und nicht aus-
bedarfe er hat, um entsprechende auszutauschen.
schließlich den Marktanforderungen
Leistungen zu vollbringen.
entspricht macht noch ein Übriges. Also, meine sehr geehrten Kollegin -
Das Ingenieurdasein ist zudem von In diesem Augenblick kommen die In - nen und Kollegen Ingenieure: organi-
einem lebenslangen Lernen be - genieurverbände als Partner der Ein - sieren Sie sich und werden Sie Mit -
stimmt. Moderne Managementme - zel individuen ins Spiel: in der verband- glied in „Ihrem“ Berufsverband. Nur
tho den wie 3-5-7, soll heißen: der lichen Gemeinschaft ist es nun nicht gemeinsam sind wir stark!
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